Die Lichtblick!-Aufgabe lautete schlicht "Freiheit".
Das Schöne an unseren Aufgaben ist, daß ich mich über einen längeren Zeitraum mit einem bestimmten Begriff oder Motto befasse. Selbst wenn ich gerade nicht an dem Thema arbeite, kann es manchmal im Unterbewusstsein präsent sein und dort "gären".
So auch beim großen Wort "Freiheit". Wir hatten recht lange Zeit bis zum nächsten Lichtblick!-Termin, und in dieser Zeit spielte ich gedanklich mit verschiedenen Bildideen und betrachtete so das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
„Freiheit“ - natürlich kann Freiheit sehr konkret sein, aber als jemand, der in einem freien Land aufgewachsen ist und lebt, ist Freiheit in vielerlei Hinsicht eine Selbstverständlichkeit und gar kein so konkreter Begriff mehr, sondern oftmals eher ein abstraktes Gefühl.
Aus diesem Grund wollte ich zunächst ein unbeschwertes Photo machen, das ganz abstrakt das Gefühl Freiheit ausdrücken sollte - ich dachte da an die Silhouette einer Person mit ausgestreckten Armen, aufgenommen von einem niedrigen Standpunkt aus vor irgendeiner abendlichen Kulisse mit sanften Blautönen.
Wie kommt es da, dass es im Ergebnis zwar bei Silhouetten geblieben ist, es sich aber um ein geradezu tristes Photo in harschem Schwarz-Weiß mit einer Perspektive von oben geworden ist?
Dem Gedanken, dass Freiheit ein Gefühl sein kann, folgte schon bald der Gedanke, dass Freiheit Kopfsache ist: Oftmals liegt es an uns selbst, wie wir eine Situation wahrnehmen und erleben, und das kann ganz losgelöst sein von der konkreten Situation. Ich musste an Berichte von politischen Häftlingen wie etwa Nelson Mandela denken, die jahre- oder gar jahrzehntelang in einer Zelle zubrachten, ihren Geist und ihre Gedanken aber nicht einsperren ließen. Ich wußte aber noch eine ganze Weile lang nicht, wie ich diese Überlegungen in einem Photo umsetzen wollte.
Eines verregneten Morgens, auf dem Weg zur SV, war es dann soweit: Auf einer Brücke am Pragsattel saßen zwei Krähen auf einer Leitung. Ich wusste sofort, dass ich hier mein Bild gefunden hatte. Früher oder später musste sich einer der Vögel in die Lüfte erheben, und so beeilte ich mich, meine Kamera auszupacken, ohne die beiden Vögel zu verscheuchen. Ich wartete kaum eine Minute, als eine der Krähen tatsächlich davonflog - die Aufnahme war im Kasten.
Das Thema Freiheit findet sich hier in mehreren Formen:
Da sind zum einen die Autos, die bei uns oft genug als Inbegriff der persönlichen Freiheit dargestellt werden - und in der Realität geradezu das Gegenteil von Freiheit sind: Überall Regeln, Vorschriften, Spuren, stockender Verkehr.
Zum anderen die Vögel, die ebenfalls ein - wenn auch ganz anderes - Symbol für Freiheit sind.
Der Betrachter nimmt den erhöhten Standpunkt der Vögel ein, und auch der unscharfe Hintergrund gibt die Sichtweise der Vögel wieder - der Verkehr und das Klein-Klein auf den Straßen kümmert sie schließlich nicht.
Oft genug sind wir in diesem Klein-Klein des Alltags mit seinen kleinen und großen, mit seinen vermeintlichen und echten Zwängen gefangen. Tatsächlich liegt es aber an uns selbst, uns über die Tristesse zu erheben und die unwichtigen Details auch als solche wahrzunehmen. Tatsächlich liegt es an uns selbst, unsere potentielle Freiheit in echte Freiheit umzuwandeln und wenn schon nicht wegzufliegen, so doch einfach aufzustehen und zu gehen.
Es gibt noch einige weitere Punkte, aber von hier aus wird es fast philosophisch, und jeder mag sich selbst seine Gedanken zu diesem Thema machen.
Das jedenfalls soll das Bild ausdrücken: Freiheit ist ein Gemütszustand.
(Canon EOS 5D Mk II, Sigma 85 mm f/1.4 bei 1/8000 Sek, f/1.4 und ISO 100)
(Canon EOS 5D Mk II, Sigma 85 mm f/1.4 bei 1/8000 Sek, f/1.4 und ISO 100)
"...wenn schon nicht wegzufliegen, so doch einfach aufzustehen und zu gehen."
AntwortenLöschenUnd ich dachte, das Photo spricht mich an, weil es auf dem Pragsattel aufgenommen wurde.
Freedom ist a state of mind.